Dienstag, 1. Dezember 2009

Sitten und Bräuche in Tamil Nadu

Wie einige von euch vielleicht bemerkten, hat rechts auf der Seite eine kleine Abstimmung stattgefunden. Gewonnen hat das Thema “Sitten und Bräuche”, dicht gefolgt von “Kino” und “Essen”. Wir werden bald eine neue Umfrage aufschalten und wer Lust hat , kann mitmachen.
Nun aber zum Sieger: Eine Vielzahl der Bräuche und Sitten kommen vom hinduistischen Glauben. Religiöse Feste sind im Tamilischen Kalender keine Seltenheit . Von einem, dem Diwali, haben wir bereits berichtet.

Hier eine Zusammenfassung unserer Beobachtungen aus dem Alltag:


Kleiderordnung Was wir bereits kurz nach unserer Ankunft erfahren haben, war, dass die Kleiderordnungen hier (besonders für Frauen) sehr strickt sind. Da wir uns in einer sehr konservativen Gegend aufhalten, ist es sehr wichtig, dass auch wir uns daran halten. Die Schultern, sowie die Knöchel müssen bedeckt sein. Körperbetonte Kleider sind tabu und an einen Ausschnitt ist schon gar nicht zu denken. Die meisten Frauen hier tragen einen Sari, so kann man manchmal den Bauch und Rücken sehen, was scheinbar nicht stört. Alte Frauen tragen teilweise nichteinmal Tops unter den Saris und haben oft riesige Ohern-löcher, welche die Ohrläppchen sehr weit runterhängen lassen. Warum wissen wir nicht…vielleicht um zu zeigen wie schwer das Gold ihrer Ohrringe ist?. Die Männer haben es einfacher. Sie tragen in ihrer Freizeit meistens einen Lunghi und zum arbeiten einen Dothi oder Hosen. Als Oberteil ist ein Hemd eine gute Wahl.



Graffiti Überall an den Wänden sieht man bunte Schriften und Zeichnungen. Es sind aber keine Graffitis wie wir sie kennen, sondern Werbungen für Firmen und politische Parteien. Auf dem Foto oben sieht man hinter den Lunghi Jungs, wie so ein Bild gemalt wird.


Bus fahren Das Bus fahren ist anfangs gar nicht so einfach. Man muss vor dem absitzen immer nachdenken ob es so erlaubt ist. Denn eine Frau, darf auf keinen Fall neben einen Mann sitzen, ausser es ist ihr Ehemann , ihr Bruder oder sie ist schon sehr alt. Manchmal wird die Sitzordnung umgeschichtet, wenn jemand neues in den Bus steigt, damit alle sitzen können.


Haare Die meisten Frauen haben sehr lange Haare und tragen sie in einem Zopf. Es gilt als ungepflegt die Haare einfach offen zu haben. Die meisten benutzen Kokosnussöl um die Haare schön glatt zu streichen. Zudem werden oft frische Blumen wie Rosen oder kleine Girlanden aus herrlich duftenden Yasminblueten in die Haare gesteckt. Witwen schneiden ihre langen Haare ab und tragen sie kurz nach dem Tod ihres Ehepartners.


Schnurrbart und Fingernägel Die meisten Männer tragen einen Schnurrbart. Wir vermuten ein Grund dafür ist, dass viele Tamilen relativ klein sind und feine Gesichtszüge haben. Ein Schnauzer lässt sie männlicher aussehen. Es gibt die verschiedensten Kreationen und alle haben einen Namen. Einer unserer Favoriten ist der Löwe, dieser Schnurrbart bedeck nicht nur die Oberlippen, sondern noch ein grossen Teil der Backen. Eine weitere Mode bei den Männern ist es, einen Fingernagel wachsen zu lassen. Einige Männer lackieren ihre Nägel auch mit Nagellack. Es ist auch ueblich, dass Maenner (gute Freunde) Hand in Hand oder Arm in Arm durch die Srassen gehen. Koerperkontakt in der Oeffentlichkeit zwischen Mann und Frau ist tabu.


Essen Vor dem Essen reinigen die Tamilen ihren Teller (oder Bananenblatt) mit Wasser. Das Essen nimmt man mit den rechten Hand zu sich. Beim Trinken sollte man den Becher oder die Flasche nicht mit dem Mund berühren (beim Versuch haben wir uns bereits oft bekleckert). Unsere Köchin war enttäuscht von uns, dass wir so viel vom Huhn übrig liessen. Hier isst man nämlich normalerweise auch die Knochen. Fleisch steht selten auf dem Speiseplan und wenn, dann nur Huhn, Ziege oder Fisch.


Kopfschütteln = ja, vielleicht oder keine Ahnung Was immer wieder sehr verwirrend ist, ist die schüttelnd-schaukelnde Kopfbewegung welche die Inder machen, wenn sie ja sagen. Oft müssen wir nachfragen weil wir uns nicht ganz sicher sind ob sie wirklich ja sagen. Wenn man zu oft nachfragt, sagen sie immer “no problem, no problem.”



Heirat Wir besuchten letztes Wochenende eine Hochzeit. Die Braut hat nicht gerade einen glücklichen Eindruck gemacht. Die meisten Hochzeiten in den laendlichen Gegenden in Tamil Nadu sind immer noch arrangiert. Oft wird ein junges Mädchen mit ihrem 10 Jahre älterem Onkel oder Cousin vererheiratet. Als Mitgift muss die Familie der Braut sehr teuren Schmuck mitgeben. Die armen Familien haben oft Probleme soviel Geld für den Goldschmuck zusammenzusparen. Was zur Folge hat, dass viele Mädchen arbeiten müssen. An den Hochzeiten ist es üblich, dass man dem Brautpaar Geld gibt…an der Hochzeit an der wir waren, haben wir beobachtet, dass der Betrag meistens mit einem Rupie endet (zB. 101 oder 501 Rupies). Dieser Rupie ist für Gott.


Respekt Innerhalb der Familien besteht ein grosser Respekt vor dem älteren (Vater, älterer Bruder). Wir haben erfahren, dass der Sohn nicht in der Gegenwart vom Vater rauchen oder Alkohol trinken darf. Sowie ein jüngerer Bruder nicht vor dem älteren Bruder rauchen oder trinken darf. Frauen dürfen überhaupt nicht trinken oder rauchen. Ausserhalb der Familie gelten ähnliche Regeln, wobei die Klassen entscheidend sind. Siehe Kastenordnung


Reisernte Als die Reisernte letzten Monat begann wunderte es uns warum der Bus oder Taxichauffeur anhielt um den Bauern Geld zu geben. Anscheinend ist es hier üblich, dass alle die an den Reisfeldern vorbeifahren ihren Beitrag an die Bauern zahlen. Falls man dies nicht macht wird man beim Vorbeifahren angeflucht (auch das haben wir erlebt) Reis wird auch als Kleber verwendet um Papier an die Wand zu kleben.



Strasse und Verkehr Im ersten Post haben wir bereits über den Verkehr geschrieben und mittlerweile haben wir uns auch daran gewohnt. Nochmal in Kurzform: Hupe ersetzt Spiegel, Blinker und Bremsen.

Geteerte Strassen werden nicht nur zum Befahren genutzt, sondern auch um Getreide zu Trocknen oder zu Zerkleinern. Nachdem wir über einen grossen Haufen Maiskolben rollten hielt unser Chauffeur kurz an, damit wir das Szenario filmen konnten.





Das war ein kleiner Ausschnitt unserer Beobachtungen. Zusammengefasst könnte man sagen, dass hier sehr vieles ganz anders ist als bei uns.

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